Vorbemerkung:
Der folgende Text fußt auf einem Vortrag, der am 14. März 2016 bei der Ur- und frühgeschichtlichen Arbeitsge-meinschaft in Gensungen und kurz darauf noch einmal vor dem Geschichtsverein Melsungen zu Ehren eines dort ansäs-sigen ehmaligen Kommilitonen gehalten wurde. Er präsentierte die Quintessenz einer Reihe von Überlegungen, die wir im Kollegenkreis ehemaliger Mitgräber auf dem Büraberg nach dem Tode von Prof. Dr. Norbert Wand (2004) aufgrund neuerer Forschungsergebnisse für nötig erachteten. Natütlich liegt damit kein endgültiges sondern nur ein momentanes Fazit vor, da sich -vor allem auch durch die Diskussionsbeiträge durch Pfarrer Schütz und Kaplan Dr. Kämpf in Fritzlar- neue Fragestellungen abzeichnen.
Insbesondere die Forschungen von Jan Fornfeist (publ. 2008/2009) ermöglichen eine neues Bild der Geschichte dieser Befestigung: Bereits 1974 stellte Michael Gockel in seinem Beitrag "Fritzlar und das Reich" im Rahmen der damaligen Festschrift zur 1250-Jahrfeier "Fritzlar im Mittelalter" auf der Seite 114 die Frage in den Raum, wo Kaiser Heinrich IV. im Jahre 1104 bei seinem letzten überlieferten Besuch Fritzlars eigentlich untergekommen sein mag, da ja seine Pfalz 1079 zerstört worden war, und wir über einen Wiederaufbau der Anlage keine Kenntnisse haben. Es ist also nicht undenkbar, daß der Kaiser seinen neuen Stützpunkt nicht mehr in der nun sicher zu Mainz gehörigen Siedlung Fritzler errichten ließ, sondern wir möglicherweise in der Phase II (n. Wand) der Büraberg-Besfestigung in Wirklichkeit ein kaiserliches Pfalzprojekt aus dem Ende des 11. Jahrhunderts vor uns haben, das dann aus der politischen Entwicklung (nach Konrad III) heraus nicht mehr weiter verfolgt wurde. Das würde die Ergebnisse der Mörtelanalysen erklären aber auch den relativ geringen Fundbestand wie andererseits einen recht guten Erhalt der Anlage, der noch etwa 200 Jahre (1313) später eine Verschanzung der Hessen gegen den Grafen Otto von Waldeck ermöglichte.
Nachbemerkung 2023
Der Aufsatz "Die Burghut - Häuser der Ministerialen und Burgmannen auf Burgen der Stauferzeit" aus der Hand des rheinischen Burgenforschers Stefan Köhl in der Zeitschrift "Burgen und Schlösser 3/2023, S. 145-159, wirft ein völlig neues Licht auf den Charakter der kasemattenartigen Gebäuder neben dem SO-Tor der Burganlage auf dem Büraberg. Schon die überraschende Umdatierung der Errichtung der Ringmauer an der Ost-Seite warf Fragen zur Gesamtge-schichte der Anlage auf. Fall nun die Pfostenkonstruktionen (mit jeweils einer Herdstelle) in Wrklichkeit Beispiele für die Unterbringung früher Ministerialen (normalerweise seit dem 11. Jahrhundert) darstellen, wäre das ein weiterer Beleg für das nichtkarolingischerzeitliche Entstehen der Befestigung, wie es Jan Fornfeist schon 2008/2009 vermutet hatte.
Nachbemerkung November 2025
Schon während der Vorbereitung zur Publikation der Grabung Wand 1967-1973 tauchte in der internen Dis-kussion die Frage nach dem Verhältnis der Befestigung auf dem Büraberg zur späteren Stadt Fritzlar auf. Diese stellte sich dann dringender nach der Ausgrabung in der Wüstung Holzheim 1976-1985. In den 1990er Jahren wurde mit externen Kollegen auch erörtert, ob bei einem Königshof Fritzlar nicht sogar alle drei Plätze zusammen gesehen werden könnten. Als Vorbild diente nach Kon-takt mit Peter Ettel (heute Universität Jena), der im früh-mittelalterlichen Maingebiet gegraben hatte, damals das Beispiel von Marienburg und Stadt Würzburg. Inzwi-schen sind vor allem im ottonischen Kerngebiet die Forschungen zu diesem Thema soweit fortgeschritten, daß man heute dazu neigt, wie bei Memleben. Quedlin-burg oder Pöhlde, bei einigen Pfalzen tatsächlich so etwas wie eine, im Laufe ihrer langen Baugeschichte bisweilen sogar wechselnde, funktionale Aufgliederung eines kö-niglich/kaiserlich Standortes in benachbarte Plätze an-zunehmen, selbst wenn dazwischen scheinbare topo-graphische Trennlinien wie Flüsse o. ä. liegen. Für Fritzlar könnte das auch bedeuten, daß die zen-trale Funktion mal in der heutigen Stadt und mal auf dem Berg lag, und das um so eher. als nach neuestem Ver-ständnis die deutliche Gliederung in Sekular- und Stifts-bereich erst ein Phänomen der Salierzeit (11. Jhn.) gewe-sen zu sein scheint.
Dazu: s. Markus C. Blaich: Was blieb, wenn der König ging? Ottonisch-salische Pfalzen in Niedersachsen. AiD 24/2025, 73-77.