Vorbemerkung

Als das Mitglied der Arbeitsgemeinschaft August Boley am 30. Oktober bei einem Spaziergang durch die Eckerich-Schrebergärten auf dem Parzelle von Alois Brescher, wohnhaft Geismarstraße 12, eine verzierte Sandsteinplatte als Wegebegrenzung bemerkte, war die Bedeutung des Stückes zunächst nicht abzusehen. Brescher hatte den Garten am Geismarrain erst 1961 gepachtet. Boley erfuhr, daß die Platte zuvor auf dem Grundstück von Johann Müller in der Rosengasse 11 als Teil der Einfassung eines Misthaufens gedient hatte, sie mit großer Wahrscheinlichkeit also aus einem Gebiet der Kernstadt stammte, das zu dieser Zeit noch nicht als ein älterer Teil der Stadt galt. 
      Das Objekt wurde unter der Nummer 00351 inventarisiert und erregte in der archäologischen Ausstellung im EG. des Hochzeitshauses dann aber doch die Aufmerksamkeit der Besucher. Seit 1965 liegen in den Fundakten diverse Briefwechsel mit unterschiedlichsten Deutungsvorschlägen vor. Auch die von Merhart-Schülerin Dr. Thea Elisabeth Haevernick, damals in Mainz, beschäftigte sich 1970 mit dem Objekt und gab einen Hinweis auf den inhaltlichen und zeitlichen Hintergrund. Schließlich publizierten Prof. Dr. Friedrich K. Azzola, V. H. Elbern und Egon Schaberick in den Fundberichten aus Hessen 11, 1971, S. 130-132 in den Kurzen Mitteilungen einen kleinen Bericht zur Einordnung mit Tafelabbildungen.
      Eigenartigerweise löste diese Veröffentlichung damals keine angemessene Diskussion aus, so, als ob man den Fund nicht ernst nehmen wollte. Dabei zeigten die Vergleichsfunde schon damals, daß die Verbreitung solcher frühchristlicher Grabsteine vor allem im Mosel- und Mittelrheingebiet (aber auch in Wales!) auf eine spät- vielleicht sogar gallo-römische Tradition verweisen könnte, die uns einen völlig anderen Ablauf erster Berührungen mit dem neuen Christentum verriete, nämlich den aus einer noch im fränkischen Reich überlebenden "keltischen" Wurzel! Es wurde hier auch schon an anderer Stelle angesprochen: die in der Vita Bonifacii erkennbaren Abneigung des Angelsachsen gegenüber den "Galliern" hatte noch bis in das Hochmittelalter einen konkreten Hintergrund, den wir bislang nicht ganz verstehen (wie mit dem Hl. Humbert im Reliquienaltar des Domes).  Nach dem Besuch eines interessierten Chorherren der Prämonstratenser aus dem Rheinland begann dann der Autor mit Herrn Conrad OPraem. ein erstes Gespräch darüber, ob dieses Objekt als Dauerleihgabe nicht vielleicht einen Platz im neuen Dommuseum finden könnte.
      Die neuesten Forschungen z. B. in der Hundgasse (s. d.) haben uns nun ein Problem beschert. Die jetzt älteste Keramik führt uns in die gleiche Epoche wie die erste Phase der Büraburg, die wir "karolingisch" nennen. Es gibt aber, hier wie dort, bisher (wenn man von dem Frauengrab unter dem "Haus Sonnenschein" aus dem frühen 7. Jhn. absieht) keinen Beleg für die davor liegende Merowingerzeit. Das heißt: Der Grabstein (und es scheint noch einen zweiten zu geben) belegt die Existenz eines Verstorbenen, aus dessen Leben davor wir im Gebiet der Fritzlarer Alt-stadt bis zum heutigen Tag nichts gefunden haben.  Es sei denn, wir könnten die Wirklichkeit dieser beiden Epochen und ihrer Abgrenzungen und Übergänge neu definieren.

aus: Thea Elisabeth Haevernick, Ein Grabstein aus Fritzlar? unveröffentlichtes Typoskript  1970 (Auswahl)

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