Vorbemerkung

Ob das 15jährige Jubiläum der Deutschen Bundeswehr in Fritzlar im Jahre 1971 der Anlass für Hans Josef Heer, war der jüngeren Militärgeschichte der Stadt in einem Artikel zu gedenken, kann nur vermutet werden. Bei dieser Gelegenheit fügte er dann gleich einen Ausschnitt der Festschrift für die sog. "11er Artilleristen" aus dem Jahre 1929 hinzu, von dem wir an anderer Stelle bereits durch die Stadtbeschreibung aus der Feder von Dr. Ludwig Maria Florian Kenntnis haben. Auch hier ist momentan der Anlass nicht ganz klar, weil das Datum zu keinem heute noch nachvollziehbaren Anlass zu passen scheint. Immerhin wissen wir aus der Arbeit im Regionalmuseum Fritzlar, daß es in diesem Jahr noch organsisierte Angehörige (odet sollte man sagen: Überlebende?) dieser Militäreinheit  in der Stadt gab, deren Vereinsun-terlagen in die Archive eingegangen sind.

Wochenspiegel Nr. 05/47 vom 19. N0vember 1971, S. 1-3

TRADITIONSREICHE GARNISONSSTADT FRITZLAR

Schon Ende des 18. Jahrhunderts beherbergte Fritzlar Soldaten des "Leib-Kürrassier-Landwehrregiments", auch wenn die eigentliche Geschichte der Fritzlarer Garnison erst mit dem Einzug des Königlich-Preußischen­ Feldartillerie-Regiments Nr. 11 am 11. November 1866 urkundlich nachgewiesen werden kann. Die Soldaten prägten von diesem Zeitpunkt an das Bild des militärischen Geschehens in unserer Stadt. In 1902 erfolgte die Umbenennung dieser Einheit in 1. Kurhessisches Feldartillerieregiment Nr. 11.                                                                                                                                                                 Nach 1919 entstand das Kurhessisch-Nassauische Leichte Reichswehr-Artillerieregiment Nr. 11 mit der Ersten Abteilung in Fritzlar. Im Zuge der Vergrößerung des Heeres in 1935 wurde die in Fritzlar stationierte Schwe­re Abteilung des Regiments 65 umgewandelt. Weitere Artillerieeinheiten kamen dazu, und zu diesem Zeit­punkt war mit dem Bau des Flugplatzes in der Ederniederung begonnen worden. Am 15. Mai 1938 bezog die erste Fliegereinheit die Unterkünfte. Die erste Gruppe mit Geschwaderstab des bekanntgewordenen Kampfge­schwaders Boelcke, auch Totenkopfgeschwader genannt, war bis zum Ausbruch des Krieges 1939 auf dem Flugplatz beheimatet. Von 1939 bis zum Zusammenbruch in 1945 waren teilweise vorübergehend Luftwaf­fenaufklärungseinheiten stationiert, und außerdem hatten die Junkers-Flugzeugmotorenwerke eine Produk­tionsstätte errichtet. Nach dem Einzug der Amerikaner in 1945 wurden alle militärischen Objekte des Flug­platzes einschließlich des Proviantamtes am Hellenweg von ihnen belegt und in 1951 an französische Soldaten übergeben. Am 28. November 1956 erfolgte die Übergabe des Flugplatzes an die Standort-verwaltung, und ab diesem Zeitpunkt weht dort die Bundes­flagge.                                                                                                   Im November 1966 hielten das seinerzeitige Panzergrenadier­bataillon 22, das Panzeraufklärungsbataillon 5 und das Feldjägerwach­kom­mando im Standort Fritzlar Einzug. Im folgenden Jahr wurde eine Leichte Feldzeug­instand-setzungskompanie, die im ehemaligen Proviant­amt Unterkunft fand und die erste Heeresfliegereinheit stationiert, die sich inzwischen in Bataillonsstärke mit Regimentsstab vergrößert hat. Während der 15 Jahre war Fritzlar Standort für verschiedene Bataillone und Einheiten, die durch den weiteren Ausbau der Bundes­wehr in neu errichtete Standorte Nordhessens verlegt wurden.                                                                                                                                                                 Das Pulvermagazin der Fritzlarer Garnison war in früheren Jahrhunderten im Frauenturm und dann in der Galbecher Warte untergebracht. Die Soldaten wohnten in Bürgerquartieren und ab 1867 im Hochzeitshaus (jetzt Museum für Ur- und Frühgeschichtliche Sammlungen). In 1900 ist die Watter-Kaserne an der Kasseler Straße bezogen worden, die in 1912 erweitert werden mußte. Bereits 1911 wurde das Proviantamt am Hellenweg be­zogen. Die Anlagen auf dem jetzigen Flugplatz sind in den Jahren 1935 bis 1937 errichtet worden, und es kann nicht verschwiegen werden, daß die Abgabe dieser großen Fläche für die hiesige Agrarwirtschaft nur un­ter großen Opfern erfolgt ist. Die Wohnsiedlung an der Waberner Straße wurde von den amerikanischen Solda­ten in 1948 und teilweise von französischen Soldaten in 1951 errichtet.                                                                                                                                                                     Zu allen Zeiten bestand ein herzliches Verhältnis und eine echte Verbundenheit mit der Bevölkerung. Insbe­sondere die Bundeswehr, seit 1956 als Staatsbürger in Uniform, ist nicht mehr wegzudenken.

Der nachstehende Artikel ist in seinem Wortlaut einer Festschrift entnommen, die in 1929 erschienen ist. Wir wollen mit dieser Veröffentlichung die Geschichte des FELDARTILLERIE-REGIMENTS Nr. 11 ins Gedächtnis zurück­rufen und gleichzeitig damit den ehemaliger "ELFERN" eine Freude bereiten.

Feldartillerie-Regiment Nr. 11 1866 bis 1914.

Am 11.11.1866 wurde das Kgl. Preuß, Feldartillerie-­Regiment Nr. 11 innerhalb des XI. Armeekorps aufgestellt, Den Kern bildeten 4 ehemalige kurhessische Batterien; ihre Ursprünge reichen zurück bis in die Zeit von Hessens größten Fürsten, Landgraf Philipp des Großmütigen (1509 - 1567), der großzügig eine für damalige Zeiten gewaltige Artillerie schuf, die seine Nachfahren zu er­halten bestrebt blieben.                                                                                                                                   Zu diesem Kern traten 2 ehemalig nassauische und 9 preu­ßische Batterien vom Regt, 3, 4, 5 und 8, sowie vom 1, Res.-Regiment hinzu.

Das Regiment mit dem Stab in Kassel bildete 4 Abtei­lungen:                                               

1. (F) Abteilung (ehem. Kurhess.) zu 4 Bttr, in Kassel 

2. (F)    "     zu 4 Bttr. in Wiesbaden

3. (F)    "     zu 4 Bttr. in Mainz und Kastel 

(und) reit. Abteilung zu 3 Bttr. in Kassel-Waldau, Rotenburg, Fulda,

      Am 7.11.1867 erhielt das Regiment die Bezeichnung: "Hessisches Feldartillerie-Regiment Nr. 11".  Am 20.2.1867 wurde die 1. reit. Batterie von Waldau nach Fritzlar verlegt, das von da ab ununterbrochen Garnison blieb und in mehrfachem Wechsel reitende und fahrende Batterien des Regiments in seinen Mauern sah. Am 1.4.1867 folgte der Stab und die 3. reitende Batterie nach Fritzlar nach. Die Friedensjahre 1866-70 unter den hervorragenden ersten Kommandeuren, Oberst Hausmann, von Kleist, von Seel, von Oppeln-Bronikowski, schmiedeten das Regiment zu einem einheit­lichen Ganzen zusammen, wohl vorbereitet für die große Prüfung des Krieges 1870/71.                                                                             Der Befehl zur Mobilmachung traf das Regiment am 16.7.1870 auf der Schießübung bei Mainz. In kürzester Frist stand es bereit. Der Regimentsstab und 1. Abteilung wurden der als "eiser­nen" so berühmt gewordenen 21., die 2. Abteilung der 22. Inf.-Division zugeteilt. Die 3, und die reitende Abteilung bildeten die Korps­artillerie - die Reserve - des XI. A.-K. Die 2. reitende Batterie wurde der 4. Kaval­lerie-Division zugewiesen,                                                                        Die Schlachten bei Weißenburg, Wörth, Sedan, der Feld­zug an der Loire, vor Orleans, um le Mans, die Kämpfe vor Paris, bezeichnen den Ruhmesweg, den unsere Batterien in ununter­bro­chenem Siegeszug zurücklegten.                                   Für alle Zeiten vorbildlich ist die Tätigkeit des Regiments vor allem in der Schlacht von Wörth, wo seine Batterien der schwer ringenden Infanterie in heldenhafter Selbst­aufopferung nicht nur den Weg zum Sieg bahnten, sondern auch vor die eigene Schützen­linie vorgehend, den An­sturm des tapferen Feindes zum Stehen brachten und die schwankende Entscheidung auf unsere Seite zwangen.                                                                                                                 Unvergessen sind die Namen der Regimentskommaindeure von Oppeln-Bronikowski, der Hauptleute Sylvius, von Ohnesorge, Teubel, Norman, von Eillern, Ruhne u. a., die an der Spitze ihrer Batterien den Ruhm des Regimentes begründeten.                                                                                                                                                                        Einer Abordnung des Regiments war es vergönnt, der denk­würdigen Kaiserproklamation am 18.1.1871 im Schlosse zu Versailles beizuwohnen. 2 Batterien durften am 01.3.1871 in Paris mit einziehen. Im Juli 1871 kehrte das Regiment in seine Garnisonen zurück.                                                                                                                                                                                  Die 1. reitende Batterie Sylvius schied aus dem Verband des Regimentes aus, kehrte aber 1872 als 1. reitende Batterie nach Fulda zum Regiment zurück, 1872 wurde das Regiment in ein Regiment Korpsartillerie und ein Regiment Divisionsartillerie geteilt. Beide behielten unter Zusatz dieser Bezeichnung ihren alten Namen bei.                                             Unser Regiment wurde mit der 1. und einer neuformierten provisorischen Abteilung zu je 3 Batterien, sowie der reitenden Abteilung, Korpsartillerie. Die provisorische Abteilung tauschte mit der reitenden die Garnison und kam nach Fritzlar. Die bisherige 2. und 3. Abteilung zu je 4 Batterien bildeten das Regiment Divisionsartillerie in Mainz, und Wiesbaden,                                                                                                                                                                                              1874 fiel die Bezeichnung "Korps- und Divisionsartillerie" fort. Unser Regiment behielt den alten Namen, das Schwesterregiment erhielt den Namen "Nassauisches Feldartillerie-Regiment Nr. 27".                                                            Bei der Neuformation vom 24.3.1881 erhielt unser Regi­ment 2 neue Batterien, so daß es nunmehr aus 2 (F) Abteilungen zu je 4 und der reitenden Abteilung zu 3 Batterien bestand.                                                                                 Die Heeresvermehrung vom 1.4.1887 berührte unser Regiment nicht, erst das Jahr 1889 brachte durch die aus den meisten Batterien der 1. und 2. Abteilung gebildete 3. Abteilung (Kassel) eine Änderung, doch nicht für lange, da schon am 1.4.1890 diese 3. Abteilung in den Verband des neu aufgestellten XVI. A.-K- in Metz hinübertrat.                                         Anstelle der 3. Abteilung wurden aus dem Bestand des Regiments 2 neue Batterien (7. und 8.) gebildet, so daß das Regiment wieder wie vor 1887 zusammengesetzt war. Am 1.10.1890 wurde aus der 7. und 8. sowie einer neu aufgestellten 9. Batterie wiederum eine 3. Abteilung mit dem Standort Kassel gebildet. Das Regiment bestand nunmehr aus 3 fahrenden Abteilungen  zu je 3 und 1 reitenden Abteilung zu 3 Batterien, im ganzen 12 Batterien.                                                Die große Heeresvermehrung vom 2.10.1893 berührte unser Regiment nur insofern, als es die 4. und 9. Bat­terie abgab und dafür 2 neue Batterien aus sich heraus­bildeten.                                                                                                                          Durch A.K.O. vom 24.1.1899 wurde in Ehrung der alten kurhes­sischen Bestandteile unserem Regiment der 22. November 1813 als Stiftungstag bestimmt, der Tag, an dem nach Vertreibung der Napoleonischen Fremdherrschaft die kurhessische Artillerie von ihrem Landesherrn wieder zu den Fahnen zusammengerufen war.                                              Eine einschneidende Änderung in der Zusammensetzung des Regiments, sowie in der Organisation der gesamten Feldartillerie brachte der 1.4.1899. Die starken Feld­artillerie-Regimenter wurden in zwei zerlegt, jeder Inf.­Division eine Feldartl.-Brigade zu zwei gleichmäßig zusammengesetzten Regimentern unterstellt, eine Maß­nahme, die für das Zusammenwirken der beiden Waffen von größter Bedeutung war. Jedes Feldartillerie-Regiment erhielt 2 fahrende Abteilungen zu je 3 Batterien, eine Abteilung jeden Armeekorps wurde mit der 1. Feldhaubitze bewaffnet. Unser Regiment behielt außerdem seine rei­tende Abteilung zu 3 Batterien.                                                                                   Die 2. Abteilung (Fritzlar) und die 3. Bttr. treten zu dem neugebildeten Brigade-Regiment Nr. 47 Fulda über. Un­sere 3. Abt, wurde 2. Abt. und durch eine neu aufgestell­te Battr. ergänzt. Die 2. Feldartl.-Brigade erhielt die Nr. 22 und trat unter den Befehl der 22. Inf.-Division in Kassel.                                                                                                                                   Nachdem die alte 2. Abt. aus Fritzlar in den fertig gestell­ten Kasernen ihres Regimentes Nr. 4 nach Fulda übergesie­delt war, wurde unsere reitende Abt. am 1.10.1901 dort­hin verlegt und kehrte somit nach fast 30 Jahren wieder in ihren alten Standort zurück.                                                                                                                                                             Am 27.1.1902 wurde dem Regiment die Bezeichnung: "1. Kurhessisches Feldartl. -Regt. Nr. 11" verliehen. Die A.K.O. brachte zum Ausdruck, daß dadurch die Überlieferung gepflegt und das Andenken an die Ruhmestaten der alten Trup­pen aller Landesteile des Königreichs Preußen erhalten wer­den sollte.                                                                                     In zäher Friedensarbeit und strenger Zucht unter der Führung vortrefflicher Kommandeure wurde das Regiment den immer steigenden Anforderungen der Ausbildung gerecht und stand bei Ausbruch des Weltkrieges auf seiner höchsten Leistungs­fähigkeit, die häufig die Anerkennung unserer allerhöchsten Kriegsherrn bei Kaisermanövern und anderer Gelegenheit gefunden hatte.                                                                                                                                                   Glanzpunkte der langen Friedenszeit waren die Kaisermanöver: 1875 bei Friedberg, 1878 bei Wabern, 1883 bei Homburg v.d.H. unter Kaiser Wilhelm I, die Kaisermanöver 1891 und 1897, die Feier des 25jährigen Bestehens des Regiments am 11.11.1891 und die große Erinnerungsfeier des 100jährigen Gründungstages im August 1913 zu Kassel. Unvergeßlich bleibt allen Teilnehmern der Anblick des gewaltigen Aufmar-­sches der "alten Elfer" auf dem Friedrichsplatz. Vier kriegs­starke Bataillone zogen hier, nach Batterien geordnet, an dem die Parade abnehmenden Kommandierenden General vor­über, ein Bild der Kraft, der Begeisterung und der Treue!

Stadtgeschichte:

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