Vorbemerkung

Der Verfasser der folgenden Zeilen begann am Ende seiner 3jährigen Dienstzeit bei der Bundeswehr, zuletzt in der "Tannenbergkaserne" in Marburg, im Winter 1969/70 ebenda sein Studium der Vor- und Frühgeschichte, Geologie und mittelalterlichen Geschichte am Vorgeschichtlichen Seminar der Philipps-Universität. Bereits im Sommer-semester 1970  stand -in der Tradition des Instituts- eine umfangreiche Exkursion an, die nach entsprechender Vor-bereitung während des Semesters, diesmal durch einen Teil Südfrankreichs und die komplette iberische Halbinsel (Spanien und Portugal) führen sollte. Der Leiter war der Institutsdirektor Prof. Dr. Wolfgang Dehn (1909-2001), der in der direkten Nachfolge des Gründers Prof. Gero von Merhart (1186-1959) seit 1943/1952 bis 1974 das Seminar leitete. Als sein Assistent wirkte zu Anfang der 1970er Jahre Dr. Volker Pingel (1941-2005).
      Was der Grund war, daß ein "Frischling" sogleich mit der Führung eines Exkursions-Tagebuches betraut wurde, war damals wie heute nicht so recht nachvollziehbar. Ich unterzog mich der Aufgabe nach der Teilnahme der Vorlesungen und Seminar des vergangenen Semesters nach momentanem Kenntnisstand, bekam aber bald Probleme die eigentlich wissenschaftlich trockenen Lehren und Erfahrungen von dem täglichen Erlebnissen zu trennen, da mir hierfür jegliche Vorlagen und Schemata fehlten, 
      So entstand eine Kladde voller Notizen und Skizzen, die ich jeden Abend mit dem Kugelschreiber festhielt. Daß diese auch atmosphärische und private Situationen umfasste, hatte einen Grund, der auch aus der Geschichte des Seminars herrührte: Zu den Aktivitäten des Marburger Institutes  in der Vorkriegszeit hatten seit der Anfangszeit in den 1920er Jahren auch mobile Forschungsunternehmen wie die "GRAWA" (Grabungswagen) gehört, die -wenn man den überlebenden Augenzeugen trauen soll- eine eigenartige Mischung aus Wissenschaft, Pfadfinderrei und Jugendbewegung dargestellt haben müssen. Man befand sich dabei (Studenten und auch ihre Kommilitoninnen) wie jugendbewegt auf "Großer Fahrt". Ich weiß nicht, wie es bei anderen Studienorten verlief, aber in Marburg war es bis in die Mitte der 1970er Jahre (um 1974) üblich, daß von den Exkursionsteilnehmern (m/w) verlangt werden konnte nicht nur den Tag sondern auch die Übernachtungen im Gelände zu verbringen, soll heißen: Lager einrich-ten und betreiben, Zelten, Campieren und Selbstversorgung! Das trug im Ursprung sicher zu einem stabilen Zusammenhalt, zur Kameradschaft und sogar Freundschaft bei, war aber, wie wir bei einer späteren Exkusion nach Irland erfahren mussten, bisweilen aber auch Anlass zu spöttischen Bemerkungen von Studienkollegen aus anderen Universitäten, für die eine feste Behausung selbst an den archäologisch fernsten und interessantesten Fundplätzen als selbstverständlich galt, während wir sie "ewig" kalt, feucht (Irland!) und schmutzig zu erleben hatten.
      Es wurde also ein Text, der in dieser Form nicht in die offizielle Chronik des Institute eingehen konnte. Die vorliegende Fassung enthält nur die Abschrift auf Transparentpapier, getippt mit einer einfachen Schreibmaschine im "Zwei-Finger-Such-System" mit Kopien der Kugelschreiber-Skizzen, da eine andre Art der Vervielfältigung damals nicht möglich schien. Eine korrekte Fassung sollte erstellt werden; daß es dazu nicht mehr gekommen ist, hat viele Gründe, einer davon ist mangelnde Zeit, aber auch Vergesslichkeit. Prof. Dehn zeigte nach einem ersten Schreck ein gewisses Verständnis, gepaart mit dem ihm eigenen Humor, Dr. Pingel kaute etwas daran, während sich Mitja Gustin in Slowenien heute eher schmunzelnd an diese Geschichte erinnert. 
      Ich stelle diese Erinnerung nach dem persönlichen Motto ins Netz: "Wie alles anfing". Die Zeilen stellen in gewisser Weise auch ein Dokument des damaligen Zeitgeistes dar: bei uns die Folgen der 1968er Aufregungen, dort noch die Herrschaft von Franco und Salazar (noch vor dem Ende des portugiesischen Angola). Zugleich steht diese "Expedition" auch für die letzten Arbeitsjahre der Prähistoriker-Generation, die noch von Merhart und der Vor-kriegszeit geprägt war. Dafür standen die Proff. Dehn und Sangmeister, von Uslar, Kossack, Böhner, Jahnkuhn, Leisner, Filip (CSSR) , Raftery sen. (IRL) usw. und all die älteren, offenbar untereinander wohlbekannten, franzö-sischen, spanischen und portugiesischen Herren und Damen, die wir auf der Fahrt kennenlernen durften (Bonsor, Conchita und Montealgudo nur als Beispiele genannt);  als ihre Nachfolger kann man Bosinski, Hachmann, Schubarth und Schüle ja auch Gensen und Pingel werten. Manchmal befiel uns Jüngere der Gedanke, wir könnten irgendwie Zeugen einer lange geplanten  "Abschiedstournee" geworden sein. Zugleich markiert dieses Zeit einen Wandel in der Forschung von der "Typologie" zur "Technologie" (womit der Beginn der alllmählichen Durch-dringung der prähistorischen Wissenschaft durch die Naturwissenschaften wie Materialkunde, Chemie, Physik, Biologie [Genetik] und Mathematik [Statistik] gemeint ist, dazu der allgemeine Zugang zu den ersten Rechenzentren an den Universitäten). Man mag heute im nachhinein leicht spotten und sich echauvieren, Was wussten wir damals, was wir heute wissen (denn wir hatten unsere Bewährung erst vor uns)?

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