Besprechung des Konzertes des Cuarteto Mexicali 
in der Fraumünsterkirche Fritzlar am 10. Juni 2023

Wer an die schönen Konzerte des Kammerorchesters ,,Camerata en Movimiento“ der Universität de las Americas aus Puebla in Mexiko unter der Leitung von Julio Saldaña in den den Jahren 2001 bis 2009 denkt, die seinerzeit von der Fam. Arndt in Fritzlar-Lohne initiiert und organisiert worden waren, wird sich noch an die Virtuosität der jungen Künstler erinnern. Ihnen erschien zwischen Renaissancezeit und lateinamerikanischer Moderne nichts zu schwer, um es uns nicht auf ihre tempera­mentvolle Weise zu Gehör zu bringen. Auch die umwerfende und für manche von uns überraschende Akustik der Fritzlarer Frau­münsterkirche hinterlies schon damals einen bleibenden Ein­druck. Dazu kam ein Lerneffekt: hörten die meisten von uns doch zum ersten Mal in ihrem Leben von Komponisten wie de Sarasate, Revueltas, Ramires, Lobos, Vargas und anderen, die uns erst in den Folgejahren immer häufiger in den musikalischen Medien begegneten.

      Das ist nun 14 Jahre her, die damals Studenten über alle Welt zer­streut. Aber mancher Kontakt blieb doch erhalten, und da ent­stand die Idee einige der alten Freundschaften erneut mit Leben zu erfüllen und an die einstige nordhessische Wirkungsstätte aus Puebla, Barcelona, Cremona und Schwein­furth zurückzukehren. So fanden sich vier der ehemaligen Mit­glie­der zusammen, die eine knappe Woche wieder gemeinsam in Lohne übten, um an­schließend noch einmal die kleine Kirche bis fast auf den letzten Platz zu füllen. Als Veranstalter konnte der Kulturverein Fritzlar unter Frau Jutta Schröder-Wagnitz gewon­nen werden, die dan­kens­werteıweise mit ihren Aktiven den Abend organisatorisch mitgestaltete.

      Nach den einführenden Worten der 1. Vorsitzenden des Kultur­vereins und Günter Fickenscher eröffnete das Quartett aus Augusto Bertado Cocolotl (1. Violine), Adrian Salazar (2. Violine), Dr. Juan Carlos Zamudio Rodriguez (Bratsche) und Omar Candia Fernandez (Violincello) mit W. A. Mozarts Divertimento Nr. 3 in F, KV 138 (wie vor 22 Jahren) die Einstimmung in das Konzert; dies absolvierten sie so schwungvoll, als ob es keine anderthalb Jahr­zehnte dazwischen gegeben hätte. Wegen einer vorüberge­hen­den körperlichen Beeinträchtigung eines Mitwirkenden hatte man sich einen jungen professionellen russischen Geiger aus Paris zur Unterstützung geholt, der sich aber unmerklich einzu­pas­sen ver­mochte, so dass am Ende des Konzertes sogar ein Quin­tett auf dem Podium brillierte.

      Mit der ,,Sonoralia“ des mexikanischen Komponisten Emma­nuel Arias y Luna (*1935) erfolgte der Einstieg in das moderne Musikleben dieses Landes. Überraschende rhythmische und harmonische Wendungen und erstaunliche Parallelen zu Bern­steins zeitgenössischer ,,West-Side- Story“ taten sich auf.

      Der früh verstorbene Miguel Bernal Jiménez (1910-1956), der nicht nur als Kirchenmusiker sondern als einer der Mitschöpfer einer eigentümlich mexikanischen Moderne gilt, war mit dem ,,Cuarteto Virreinal“ vertreten. Ihm folgte die ,,Gavotta“ von Manuel María Ponce Cuéllar (1882-1948), die den Übergang von der damals etwas spanisch-französisch (und damit europäisch) beeinflussten Musik zur eher neuweltlich geprägten markiert.

      Einen gewissen Höhepunkt stellte die Uraufführung des Stückes ,,Amanecer“ aus der Feder des Quartett-Mitgliedes Augu­sto Bertado Cocolotl dar. Die einzelnen Sätze boten melan­cho­lisch-melodische Bögen im Dialog mit ,,getupften“ Pizzicato-Passagen, wodurch die Musik sehr farbig wurde; es sollen bei den Zuhörern sogar vereinzelt Tränen geflossen sein.

      Die musikalische Reise endete mit dem ,,Minueto“ Von Ricardo Castro Herrera (1864-1907), der noch ganz in der Welt des 19. Jahrhunderts fühlte und komponierte.

      Das Publikum reagierte sehr angetan und forderte Zugaben und so kam es auch wieder zum lang ersehnten ,,Huapango“ des mexikaníschen Komponisten José Pablo Moncayo (1912-1958), einem Stück, das inzwischen als heimliche Nationalhymne von Mexiko gilt. Hier brach sich das Temperament der Musiker end­gültig seine Bahn, und die Begeisterung der Spieler übertrug sich auf die Zuhörer, die in der bebenden Kapelle mit stehenden Ovationen antworteten.

      Das Urteil der Besucher war einhellig zustimmend, manche hatten aber wohl das von Herrn Fickenscher zu Anfang erwähnte ,,Mexikanische“ eher als folkloristisch und nicht als eine Zeitreise durch die Musikgeschichte des Landes durch 160 Jahre erwartet und äußerten sich begeistert, jedoch ein wenig verblüfft über die vielfältige Präsentationen.

 

16.06.2023

 

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