Vorbemerkung

Es ist das Bestreben dieser Internet-Seite auch den Gang der Forschungen zur Geschichte von Stadt wie Region und damit des Zeitgeistes vorzustellen, in dem dieser zu betrachten ist. Gerade bei einer  der  zuverläßigsten Erstnennungen von Fritzlar spielt das Bild, des hier gewählten (aber wohl zunächst gar nicht anwesenden) Sachsenherzogs Heinrich I. eine Rolle. Zu den extremeren Ausdeutungen von Person und Werk gehört der Aufsatz von Dr. Franz Lüdtke, der damit sogar das Selbstverständnis des Herausgebers etwas zu überschreiten scheint. Die von ihm angedeutete Sinnhaftigkeit des Ortes der "Machtergreifung" scheint aber nicht so weit hergeholt, wenn man die Ambitionen seines Urenkels (Otto III.) etwa 80 Jahre später berücksichtigt. 
      Die Überprüfung des Hintergrundes dieser Schrift erwies sich als so komplex, daß die betreffenden Angaben (leicht verkürzt)  zu Periodikum und Autor mittels Copy-and Paste - Verfahren direkt aus Wikipedia übernommen wurden. Als aktueller Stand sei der März 2023 angenommen.
      Der wohl kriegsbedingte Zusammenschluss des Publikationsorgans mit WESTERMANNS MONATSHEFTE im Jahre 1943 ist deswegen interessant, weil im Archiv der Bibliothek 2 des Regionalmuseums im DG des Hochzeitshauses aus dem Nachlass Boley noch viele weitere Jahrgänge aus dem Nachlass Köhler vorliegen, deren Inventarisierung durch Dr. Sven Hilbert aus zeitlichen Gründen noch nicht möglich war.


Zur Zeitschrift:

»Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt«: Dieses geflügelte Wort des Türmers Lynkeus in Goethes Faust II trug die monatliche Kulturzeitschrift »für Gemüt und Geist« über 30 Jahre lang als Motto im Titelkopf. Es markierte ihren Anspruch, von erhöhter Warte aus die Zeitläufe nicht nur oberflächlich zu »sehen«, sondern deren tiefere Zusam-menhänge zu »schauen«. Der Blickwinkel des Türmers war von Anfang an deutsch-protestantisch, so wie der seines Gründungsherausgebers, des Schriftstellers Jeannot Emil von Grotthuß. Der baltische Freiherr sah Deutschland als »Herz der Menschheit« an, erblickte aber in seiner Kultur Zerfallserscheinungen, auf die er aufmerksam machen wollte: »kleinliche Klassen- und Kasteninteressen« etwa, den Materialismus in imperialistischer wie in sozialistischer Ausprägung, sowie – als künstlerischen Ausdruck des letzteren – den Naturalismus. 

Diesen Tendenzen setzte der Türmer einen Kulturbegriff entgegen, der der aufkommenden Heimatkunstbewegung nahestand. Jedes Heft eröffneten mehrere teils literarische, teils essayistische Texte, auf die dann Rubriken folgten; die »Rundschau« mit Kurzberichten aus Wissenschaft, Kunst, und Technik, »Türmers Tagebuch« zu politischen und kulturellen Tagesfragen, das Feuilleton mit Essays und Rezensionen aus den Abteilungen »Literatur«, »Bildende Kunst« und »Musik«. Als Beilagen gab es Notenblätter und Kunstdrucke.

Grotthuß' Monatsheft erlangte rasch großen Einfluß; so drangen die von ihm gesetzten Themen oft in die Tagespresse vor. Der Türmer steigerte seine Auflage von 3.000 im Jahr 1898 auf 17.500 im Jahr 1913 und wuchs dabei auf bis zu 180 Seiten pro Heft an. Dies belegt, daß seine Haltung im wilhelminischen Kaiserreich weite Kreise ansprach. 

Nach 1918 wurde das Blatt zu einem erbitterten Gegner des Weimarer Parteiensystems. Bis zu seinem Tod 1920 verfocht Grotthuß nachdrücklich die revisionistische »Dolchstoßlegende«. Sein Nachfolger Friedrich Lienhard ließ zwar als preußenskeptischer Elsässer und regionalistischer Heimatkünstler wenig Nostalgie nach dem Kaiserreich aufkommen. Doch anders als der zuvor durchaus geistesverwandte Kunstwart verfocht Lienhards Türmer einen Kulturkonservatismus, der im Dienst des »deutschen Neuaufbaus« an Heimatkunst-Traditionen anknüpfte und sich auf die Grundlage von Irrationalismus, Blut-und-Boden-Mystik, Deutschchristentum und Rassenbiologie stellte. 

Noch weiter ging diese Entwicklung ab 1929 unter Friedrich Castelle, der früh der NSDAP angehörte. In seiner Ägide vereinigte sich der Türmer ab Jahrgang 33 mit den Deutschen Monatsheften, wechselte zum rechtsradikalen Berliner Beenken-Verlag und führte auf seinen Titelseiten altdeutsche Monatsnamen ein. Die Machtergreifung Hitlers wurde im Türmer nicht überschwenglich gefeiert, aber sehr wohl begrüßt. Und bereits im Heft »März/Lenzing 1933« baute der NS-Publizist Johann von Leers unter dem Titel »Vulkan Polen« die Drohkulisse eines von Polen ausgehenden »Zweiten Weltkrieges« auf. Bis 1939 legte der Türmer die letzten Berührungsschwellen gegenüber der NS-Ideologie ab.1943 ging das Blatt in Westermanns Monatsheften auf. 

Der Türmer steht als eine maßgebliche, wenn nicht gar als die Quelle schlechthin für einen prekären Traditionszusammenhang des frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland: Er zeigt, wie der Kulturbegriff der Heimatkunst vor 1914 in den der Konservativen Revolution nach 1918 mündete und diese dann ab 1933 in die neuheidnischen Blut-und-Boden-Konzepte des Nationalsozialismus einfloß. 
                                                                                                                                                (n. Wikipedia März 2023)


Zum Autor:

Politiker

Das volkstumspolitische Programm des promovierten Lehrers Lüdtke, der Geschichte, Philosophie und Erziehungskunde studiert hatte und in Bromberg und Oranienburg unterrichtete, resultierte teilweise aus seiner Herkunft aus Bromberg, das seit 1920 zu Polen gehörte. Als „Führer der nationalen Ostbewegung“ in den Jahren 1928/29 tätig, und zwar im „Deutschen Ostmarkenverein“, strebte er jetzt gegenüber dem jungen Nationalstaat Polen erneut die Rückgewinnung „altgermanischen Raumes“ an. 

Trotz früherer Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge wurde Lüdtke 1932 Mitglied der NSDAP. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 überführte er den Ostmarkenverein in den „Bund Deutscher Osten“ (BDO), dessen Reichsführer er war, bis er von Theodor Oberländer abgelöst wurde. Im Herbst 1933 stellte er in einer Rede vor Historikern in Königsberg seine Ostvisionen vor, indem er sagte, keine andere deutsche Ostgrenze anzuerkennen als eine, die vom Baltikum nach Siebenbürgen, von der Weichsel bis zur Wolga, insgesamt von der Ostsee bis ans Schwarze Meer verlaufe. 1936 befasste er sich in König Heinrich I. mit der „gewaltigsten Leistung unseres Volkes“, mit der „Ostkolonisation“, i. e. Ostsiedlung, des Mittelalters. Lüdtke deutete sie im Sinne der „Ostforschung“ als Rückgewinnung „altgermanischen Raumes“ aus slawischer Hand, „den das lebendige Blut unzähliger Geschlechter arthaft und heimatlich formen durfte“.  Als Hauptabteilungsleiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP arbeitete er eng mit Albert Brackmann zusammen, der dafür sorgte, dass jede wissenschaftliche Arbeit, die sich mit Ostgeschichte beschäftigte, vom BDO gebilligt wurde.  Daneben war er Vortragsredner der Reichsdienststelle Deutsches Volksbildungswerk.

Geschichtsschreiber

Kernfigur des an die „kleindeutsch-norddeutsch-protestantische Geschichtsauffassung“ angelehnten völkischen Ge-schichtsbildes Lüdtkes war zunächst Heinrich I. (919–936). Dieser galt seit Heinrich von Sybel als nationaler Reichs-gründer. Ganz im Sinne der Position Sybels im Sybel-Ficker-Streit kritisierte er mit seiner Wertung Heinrichs „den Scheinglanz eines kirchlich und römisch geprägten Kaisertums“ und integrierte ihn in die „rassischen Erkenntnisse unserer Tage“. Heinrich Himmler stützte sich in seiner Rede am 2. Juli 1936 in Quedlinburg zum 1000. Todestag Heinrichs I., die er für die wichtigste seiner Karriere hielt, in einigen Passagen auf Lüdtkes Monographie. Wie Himmler mit dem „Anschluss“ Österreichs von seiner Verunglimpfung des mittelalterlichen Kaisertums abließ und seine „klein-deutsche“ Sichtweise in eine „großdeutsche“ ausweitete und 1944 sogar Karl den Großen als Reichsgründer ansehen konnte, so wandelte sich auch Lüdtkes Perspektive mit der in Bewegung geratenen expansiven Politik der Nationalsozialisten. In seinem für den Schulgebrauch verfassten „Abriss der Deutschen Kaisergeschichte 900 bis 1250“ zählte er Otto I., den er wegen des „Bluts der fränkischen Großmutter“ 1936 noch den „niedersächsischen Weg“ für das römische Kaisertum aufgeben gesehen hatte, „zu den bedeutendsten Persönlichkeiten und Gestaltern unserer Geschichte“.  Als 1939 die „entrissenen Ostlande zu Großdeutschland“ kamen – im 1939 bis 1945 kurzfristig wieder deutsch gewordenen Bromberg erhielt eine Straße seinen Namen –, schrieb er 1941 in seinem Buch „Ein Jahrtausend Krieg zwischen Deutschland und Polen“

„Der Osten des neuen Jahrtausends steht im Zeichen des Hakenkreuzes. […] Mit der Zerschmetterung des Bolschewismus ist unser Ostland endgültig befreit worden. Der Sieg über den Bolschewismus aber ist zugleich ein Sieg über den Polen. Dies zu begründen ist nicht nötig. Wer den Osten kennt, weiß, daß es so ist. Er weiß auch, daß die Lösung der Judenfrage notwendig ist, in Europa und ganz besonders in Osteuropa. Alle diese Dinge stehen in einem inneren Zusammenhang. Erst mit der Beendigung des tausendjährigen Kampfes gegen Polen wurde der Weg offen für die Lösung der gesamten Ostfrage.“

Das Buch wurde in einem anderen Sinne bedeutsam insofern, als es auf polnischer Seite eine Antwort auslöste, die als „Flaggschiff“ des polnischen Westgedankens in den vierziger Jahren bezeichnet wird – „Wojciechowskis Buch ‚Polska-Niemcy. Dziesięć wieków zmagań‘ (= Deutschland und Polen. Tausend Jahre des Ringens), dessen Titel [...] zweifellos auf das 1941 in Stuttgart veröffentlichte Buch von Franz Lüdtke ‚Ein Jahrtausend Krieg zwischen Deutschland und Polen‘ anknüpfte“. Wojciechowski entwickelte darin den Gedanken, dass Polen mit der „Rückkehr“ an Oder und Neiße „die Gesamtheit seiner Mutterlande“ wiedergewönne. 
                                                                                                                                                 (n. Wikipedia März 2023)

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