Vorbemerkung
Als in den Jahren 1988/89 die Partnerschaft der Stadt Fritzlar mit dem englischen Ort Burnham-on-Sea/Highbridge begründet wurde, entsprang dies einer eher privaten als lokalpolitischen Idee, die bereits zuvor existierende regionale Kooperation zwischen dem damaligen Schwalm-Eder-Kreis und der Grafschaft Somerset nun auch bis auf die kommunale Ebene zu vertiefen, wie weitere Beispiele in Homberg/Efze und Felsberg zeigen. Daß es in Fall von Fritzlar zufällig möglicherweise bereits eine zumindest idielle bzw. historische Verbindungen mit den britischen Inseln gab, hat mit der Gründungslegende der Stadt zu tun und war aber nicht der Auslöser oder Anlass.
Im Zuge der Forschungen zur Stadtgeschichte in den letzten Jahrzehnten durch die Mitglieder der Ur- und frühgeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft im Regionalmuseum, vor allem im Rahmen der Pfalzforschung, stellte sich aber heraus, daß es darüberhinaus seit der städtischen Frühgeschichte vielleicht noch weitere An-knüpfungspunkte zwischen Fritzlar und England gegeben haben kann. Im Rahmen einer vom Partnerschaftsverein im August 2021 veranstalteten speziellen Stadtführung zeigte der Autor damals die neuesten Erkenntnisse, zu denen auch unsere englischen Partner in Diskussionen vor Ort interessante Hinweise geliefert hatten. Der dazu verfasste Bericht erschien seinerzeit im Wochenspiegel.
Über Fritzlar und England
Die scheinbar bekannteste Verbindung zwischen Fritzlar und den britischen Inseln ist zugleich die älteste und die sagenhafteste: St. Bonifatius als römischer Baumfäller, Segenbringer und Klostergründer stammt als Angelsachse von dort und wird nur noch durch einen iroschottischen Mönch Humbert übertroffen, der als Abt eines Klosters Büraburg überliefert ist; von ihm befindet sich immerhin ein Schädelfragment im Reliquienaltar des Domes.
Aber die auch verwandten Sachsenherrscher Heinrich I. und sein Sohn Otto I. pflegten die Beziehungen: So kam 929 die Prinzessin Edgitha aus Winchester (912-946), um Otto zu heiraten, und das sicher nicht ohne Gefolge. Überhaupt zeigt die Gestalt der 1079 untergegangen Pfalz von Fritzlar ein durchaus ähnliches Muster wie die Anlage in Winchester, allerdings wohl nur ein Drittel so groß. Ob es die Frau von Kaiser Heinrich V. (1085-1125), der Sohn und Nachfolger des in unserer Stadt häufiger weilenden Heinrich IV, die aus einer englisch-schottischen Familie stammende tatkräftige Kaiserin Mathilde (engl. „Maud“, 1102-1167), die später mit dem Grafen von Anjou verheiratet und 1141 kurzzeitig auch englische Königin war, einmal nach Fritzlar geschafft hat, wissen wir nicht, das wäre aber nicht verwunderlich. Sie sollte nicht aber mit der Cousine Heinrichs IV., der Fürstin Mathilde in Oberitalien (also eine Genartion früher), verwechselt werden.
Auch die Guildhall dort und anderswo in England erinnert an das zentrale Gebäude der mittelalterlichen Michelsbrüder bei uns. Sie zeugen vom gleichen Selbstverständnis der wikingischen und westeuropäischen Fern-handelsleute von England, Westeuropa, Skandinavien und dem Ostseeraum. Sie kamen über den „Hellweg“ und die Haddamargasse/Kasseler Straße nach Fritzlar. Auch den „Roland“ über dem Marktbrunnen hat es daher nicht zufällig nach Fritzlar verschlagen.
Selbst die Befestigung unserer Stadt erinnert an die Ära des englischen Richard Löwenherz (1157-1199), der die Vorbilder unseres „Grauen Turmes“ und der Untergeschosse von Greben- und Rosenturm aus dem Heiligen Land nach Westeuropa brachte. Er ist auch der Wappengeber des englischen Löwen, der als Geschenk von Burnham on Sea/Highbridge heute den „Englischen Platz“ mit dem Hinweisschild am Busparkplatz ziert.
Dem „Spaziergang“ durch die Geschichte wurde aufmerksam gefolgt und gab Anlass zu mancherlei Fragen und Diskussionen sowie einem anschließenden erholsamen Zusammensein vor der „Weinstiege“ am Marktplatb