Vorbemerkung

Der folgende Beitrag zeigt, daß die Tätigkeit der Ur- und frühgeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft Fritzlar von der amtlichen Bodendenkmalpflege durchaus ernst genommen wurde und wissenschaftliche Folgen nach sich zog. Der Autor griff seinerzeit häufig auf die Hilfe der Ehrenamtlichen vor Ort zurück. Es ergab sich bei seiner späteren Tä-tigkeit auf der Aldenhovener Platte bei Köln, daß er auch dort mit der aus Fritzlar stammenden Pollenanalytikerin Jutta Meurers-Balke zusammenarbeitete. Derzeit (Juni 2025) tritt seine Tochter Dr. Franka Schwellnus die Nachfolge von Dr. Andreas Tiedmann als Bezirkspflegerin für den Schwalm-Eder-Kreis an.

           Nachuntersuchung auf dem Güntersberg bei Gudensberg,                        Kr. Fritzlar-Homberg. 

Vom 20. August bis 1. September 1968 wurde von der Außenstelle Marburg des Landesarchäologen von Hessen eine weitere Untersuchung der neolithischen Höhensiedlung auf dem Güntersberg bei Gudensberg durchgeführt. 

Zur Situation :

 Die seit 1963 bekannte Siedlung auf dem Güntersberg (Meßtischblattbezeichnung: „Großer Wachenkopf") liegt in einem Basaltmassiv am südlichen .Ende der „Langen Berge“. Der Gipfel bildet eine Mulde, die sich als natürlich geschützter Sıedlungsplatz anbietet. 
      Noch 1963 wurde vom Amt für Bodenaltertümer Marburg eine Probeuntersuchung durchgeführt, die ein reichhaltiges keramisches Material zutage fördertel. Die Siedlung war von besonderem Interesse, da hier, ebenso wie bei der etwa gleichzeitig entdeckten Siedlung auf dem Hasenberg bei Lohne, Kr. Fritzlar-Homberg, Siedlungsfunde vorlagen, die man mit den Funden aus den großen Steinkisten vom hessisch-westfälischen Typ verbinden konnte“. Auf der anderen Seite ließen sich engere Verbindungen zu den leider sehr bruchstückhaft erhaltenen Funden vom Wartberg bei Kirchberg, Kr. Fritzlar-Homberg, ziehen, die, obwohl schon seit einem Jahrhundert bekannt, bisher ohne rechten Anschluß im hessischen Material waren. Bemerkenswert war ferner die topographische Lage der Siedlung zu dem nur einige hundert Meter entfernten sog. Grab des Lautarius, einer in die Reihe der großen hessischen Steinkisten gestellten Anlage. Eine Untersuchung auf dem Hasenberg bei Lohne, durchgeführt von der Arbeitsgemeinschaft Fritzlar, bildete die willkommene Ergänzung zu diesen Funden.
      Die jetzige Grabung diente einer Kontrolle des bisherigen Ergebnisses und einer Erweiterung der Fundmenge, um im Zusammenhang mit den Funden der anderen Höhensiedlungen eine Wissenschaftliche Bearbeitung zu ermöglichen. Diese erfolgt im Rahmen einer Marburger Dssertation.

Die Grabung:

Da die Untersuchung von 1963 sich vornehmlich mit dem zentralen und nördlichen Teil der Siedlung beschäftigt hatte, wurde diesmal das südliche Gebiet untersucht, wobei eine Fläche von ca. 50 m2 freigelegt wurde. Da nach den Ergebnissen der damaligen Grabung mit Befunden wie Hausgrundrissen, Gruben u. ä. wegen der Bodenverhâltnisse nicht zu rechnen war, mußte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, die zu erwartenden Keramikfunde möglichst im Zusammenhang zu bergen, um ein späteres Zusammensetzen und Ergänzen von Gefäßen zu erleichtern. Die Grabung wurde daher in 2-m-Quadraten angelegt, zwischen denen jeweils 20 cm als Profilstege stehen blieben.

Der Befund:

Unter dem Humus von 10-15 cm Stärke folgte eine nur wenig stärkere heilere Schicht, die mit ortsfremden Steinen durchsetzt war und zahlreiche Keramikfunde lieferte. Außerdem fanden sich hier größere Mengen von verbranntem Hüttenlehm. Bis zum gewachsenen Boden in etwa 60 cm Tiefe schloß sich nun eine dunklere Zone an, die in ihrer Konsistenz an das Füllmaterial bandkeramischer Gruben erinnerte. In ihr fanden sich nur noch wenige Scherben. Der weitaus größte Teil der Funde stammte aus der oberen Schicht. Hier ließen sich aber  weder Pfosten- noch Grubenverfârbungen ausmachen, auch war in den Steinansammlungen kein Zusammenhang zu erkennen. Jedoch machten zahlreiche Mahlsteine und Bruchstücke von solchen, sowie die Massierung der Scherben und Steingerätfunde auf diesem Niveau es  wahrscheinlich, daß hier ein Siedlungshorizont erfaßt wurde.
      Dies wird noch unterstrichen durch den Fund von vier vollständig erhaltenen Kragenflaschen (s. Taf. 38), die ganz offensichtlich noch in situ lagen. 
      Bemerkenswert ist ferner eine ganze Anzahl von Klingen aus Feuerstein, neben einigen Kieselschiefergcräten, wie sie von der ersten Grabung noch nicht vorlagen. Auch in der Keramik liegt neben von 1963 schon Bekanntem nun auch neues Material vor, das das Bild in wünschenswerter Weise ergänzt. Auffällig ist, daß die vier Kragenflaschen bis ins Detail gleich gestaltet sind und sich an die früher gefundenen Stücke anschließen.
      Die Funde ergaben rein mengenmäßig eine Verdoppelung des bisher schon bekannten Materials, so daß inzwischen wohl angenommen werden kann, daß hiermit ein einigermaßen repräsentativer Querschnitt durch den Formenvorrat der Siedlung vorliegt. Das Verhältnis der Funde vom Güntersberg zu denen der anderen Höhensiedlungen wird die weitere Bearbeitung zu klären haben.

W. Schwellnus

 

Anmerkungen:

1   R. Gensen, F.B. Hessen 4, 1964, 57ff.
2   U. Fischer, Nassauische Annalen 79, 1968,1fi'.; W. Schríckel, Westeuropäische Elemente im neolithischen Grabbau Mitteldeutschlands und die Galeríegräber Westdeutschlands und ihre Inventare. Kataloge der mitteldeutschen Gräber mit westeuropäischen Elementen und der Galeriegräber Westdeutschlands. Beitr. z. ur- und frühgesch. Archäologie d. Mittelmeer-Kulturraumes, 4-5, 1966.

 

aus: Fundberichte aus Hessen, 9.-10. Jahrgang, 1969/70, S. 102-104, Taf. 38

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