Das Pogrom in Kurhessen 1938

                         Vortrag von SLR Thomas Schattner, Homberg am 9. No­vember                             im Regionalmuseum Fritzlar

Die Darlegungen über die regiona­len Ereignisse des 7. und 9. No­vember 1938 durch den Pädago­gen SLR Thomas Schattner, Homberg, denen ein interessierter Kreis engagiert folgte, zeigte eine beispielhafte Erörterung diese be­denklichen Datums deutscher Ge­schichte. Der Entwicklung der zunächst erfolgversprechenden jü­dischen Integra-tionsbemühungen im Deutschland des 19. Jahrhun­derts stellten sich im ländlichen Kur­hes­sen nach der Epoche um 1848 bald antisemitische Gruppie­rungen entgegen, denen zwischen 1871 und dem 1. Weltkrieg zeit­weise sogar der Einzug in den Reichstag gelang. Nach 1918, Versailles und seinen Fol­gen, kam es zur Radikalisierung, wobei ge­rade im Raum Homberg/Wabern zunehmende Sympathien für den aufkommenden Nationalsozialis­mus zu beobachten waren, während im katholisch dominierten Fritzlar die neue Bewegung offen­bar kein so leichtes Spiel hatte. Dennoch wurden auch hier die neuen Gesetze und all ihre Folgen wirksam. Letztlich war das Maß des Leidens bei den jüdischen Op­fern dieser Novembertage in den unterschiedlichen Orten überall ähnlich, wie die z.T. den Zuhörern schon bekannten Berichte, aber auch neue Details erschreckend verdeutlichen. Daß es neben zahl­reichen Todesopfern zunächst auch noch Rückkehrer nach er­niedrigenden KZ-Aufenthalten gab, ist dabei kein Trost.

      Die anschließende Diskussion drehte sich vor allem um die Fra­ge, inwieweit den Pogromen (vor allem den früheren in Botenburg und Bebra am 7.11.1938, auf die J. Goebbels zwei Tage später kei­nen Bezug nahm) eine straffe Pla­nung zugrunde gelegen hatte. Ei­nige Berichte und die damaligen Mechanismen der Pressearbeit lassen, zumindest seit dem 8. No­vember, so etwas vermuten; auch die immer wieder geschilderte In­itia­tive der SS (LAH) in Arolsen spricht dafür. Andererseits zeigten teilweise chaotische Vorgänge, daß tatsächlich auch individuelle Fanatisierungen, Rachegelüste, Raffgier und Übermut eine Rolle bei den Grausamkeiten gespielt haben müssen. Bis heute sind je­doch die Befehlsstränge bis hin zu Gauleiter Weinrich in Kassel, der nicht zu den "fähigsten" Vertretern des Regimes gezählt werden kann, und darüber hinaus nicht be­kannt. Bedrückend waren die Er­zählungen älterer Zeitzeugen, wel­che die Ereignisse als Kinder erlebt hatten. Gelegentlich wurde während der bisweilen sehr fach­kundigen Diskussion auch der Bo­gen wieder zurück ins 19. Jahr­hundert geschlagen, als Teile des liberalen Judentums sogar eine völlige „Eindeutschung“ bis hin zur Ablösung hebräischen durch deutschsprachiges Schrifttum an­strebten. Solchen Bemühungen wurde aber von den Orthodoxen wie den Zionisten bald ein Ende bereitet. Umso tragischer wirken heute die verzweifelten Bemühun­gen einsamer deutschnationaler Juden, z. T. Kriegsveteranen mit Eisernen Kreuzen, dem Treiben der aufgeputschten Mengen ent­gegenzutreten.

      Dem Referenten sei hier seitens des Museumsvereins und der Zuhö­rer­schaft noch einmal aus­drücklich ein großer Dank ausge­sprochen, weil er sich dieses be­drückenden Themas angenommen und uns mit großer Geduld durch die Diskussion geführt hat.

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